Sonntag, 26. Juni: Kleine Riesen

Wieder ist an frühes Aufstehen nicht zu denken, die Erkältung hat mich fest im Griff. Schon das Atmen bei Nachttemperaturen um die null Grad ist kein Spaß. Die kalte Luft hat so gut wie keine Luftfeuchtigkeit und reizt enorm die angeschlagenen Atemwege. Immerhin schaffen wir es mit der Sonne gegen 7 Uhr aus den Schlafsäcken. Wir fahren in das Gebiet nördlich von Namutoni. Die Gegend im Osten des Parks ist das Gebiet der Giraffen und Hyänen. Wir halten an den Wasserlöchern Klein Okewi, Groot Okewi und Tsumcor, ohne auch nur eine Antilope oder irgendein anderes Lebewesen zu sehen. Wir möchten nicht weiter bis Stinkwater fahren und kehren um. Auch in Klein Namutoni sind keine Tiere heute Morgen. Man merkt schon, dass noch recht viel Wasser außerhalb der Wasserlöcher zu finden sein muss. Wir beobachten zwei Giraffen, die sich dem Wasser nicht nähern und uns recht unruhig erscheinen. Das macht uns neugierig und wir setzten uns in ihrer Richtung in Bewegung zum Beginn des Dik-Dik Drive. Da kommt uns ein Geländewagen entgegen mit einer riesigen Beule in der Fahrertür und am Kotflügel. Er rät uns ab, den Dik-Dik Drive zu nehmen, weil er keine 5 Minuten von hier entfernt Kontakt mit einem Spitzmaulnashorn gehabt hat. Dessen Blut klebt noch auf dem Lack. Es sei völlig unvermittelt aus dem dichten Busch neben der Straße hinausgeschossen und ihm in die Seite gerammt. Die Tiere sind bekannt dafür aggressiv zu sein und einem verletzten Tier möchten wir schon gar nicht begegnen. Wir denken gleich an Mervin und seine Geschichte. So machen wir uns auf den Weg die C38 entlang nach Westen, um die dortigen Wasserlöcher abzufahren. Beim sehr schönen Wasserloch von Aub mit seiner kleinen Grasinsel treffen wir auf eine Giraffe mit Knochen im Maul. Zuerst fragen wir uns, seit wann Giraffen auf Knochen kauen, doch dann erkennen wir, dass er sich im Maul verkantet hat. Wir erwägen schon, die Parkverwaltung zu informieren. Dann besinnen wir uns darauf, dass dies ein Nationalpark ist, in dem die Natur im Prinzip ohne Eingriff des Menschen funktioniert und entschließen uns weiter zu fahren. Wir nehmen die Straße nach Ockerfontein und kommen schon kurz nach dem Abzweig von der C38 an einer Gruppe Kuhantilopen vorbei. Diese haben wir bisher noch gar nicht gesehen. Es sind recht große Antilopen mit sehr kräftigen kurzen, gebogenen Hörnern. Auf dem Weg weiter zum Wasserloch steht immerhin mal ein einzelner Elefant mit dem Rücken zu uns im Busch. Dafür sehen wir in Okerfontein selbst keine Tiere. Insgesamt sind alle Wasserlöcher entlang der Pfanne bisher sehr enttäuschend. Auf dem kurzen Abstecher zum Batia Loch schaffe ich es, in einem wassergefüllten Matschpfuhl dem Auto den letzten Schliff für den ultimative Off-Road-Look zu verleihen. Nach der Fahrt auf dem vom Nebel matschig geworden Salzpad an der Küste und der Fahrt von Palmwag hierher durch unzählige wasserführende Riviere ist der Wagen nach dieser Aktion von oben bis unten mit Matsch bedeckt. Der heutige Matsch hat dazu noch einen recht moderigen Geruch. So muss das sein, ein Geländewagen in seinem Element.

Wir nehmen den Eland Drive, ohne welche zu entdecken, und kommen am Goas-Wasserloch heraus. Dort treffen wir auf eine Gruppe ausgewachsener männlicher Kudus mit herrlichen Hörnern und eine großen Herde Schwarznasenimpalas. Auch bei Nuamses haben wir kein Glück. Unterwegs kommen wir im Halali Camp vorbei. Wir melden uns für die nächsten beiden Nächte an und suchen uns einen Platz aus.

Da das Wasserloch bei Goas uns heute am besten gefallen hat, beschließen wir hier den Tag ausklingen zu lassen. Als wir dort ankommen, stehen bereits mehrere Fahrzeuge am hinteren Wasserloch. Dort ist eine große Elefantenherde zum Trinken gekommen. Und zwischen den großen entdecken wir ein ganz kleines Tier. Der kleine Riese ist noch braun gefärbt sowie ganz behaart und wir schätzen ihn auf ein Alter von wenigen Tagen. Er ist im morastigen Uferbereich noch ganz unsicher auf den Beinen. Da die jungen Tiere noch sehr empfindlich auf die Sonne reagieren, halten sie sich vor allem im Schatten der anderen Tiere der Herde auf. Ich kann das sehr gut daran erkennen, dass ich ihn kaum in gutem Licht vor die Linse bekomme. Bei der Herde ist auch noch ein anderes Jungtier das ohne den direkten Vergleich auch noch als Minifant durchgehen würde. Neben dem Kleinen hier wirkt er aber schon ganz erfahren. Wir verbringen eine dreiviertel Stunde am Wasserloch und machen uns dann auf den Weg zurück nach Halali. Gut, dass wir rechtzeitig losgefahren sind. Unterwegs versperrt wieder eine andere kleine Elefantenherde die Straße und wir kommen gerade pünktlich zur Schließung der Tore im Camp an.

Abends gehen wir, obwohl ich schon wieder ordentlich körperlich abbaue, noch zum beleuchteten Wasserloch von Halali. Eine gute Entscheidung, denn nach einer halben Stunde Wartezeit taucht eine Tüpfelhyäne auf, um deutlich hörbar schlabbernd zu trinken. Keine fünf Minuten später verlässt sie die Bühne auch schon wieder und wir gehen zufrieden zu unserem Zelt zurück.